Unnatürliche Konsequenzen (in Bearbeitung) 2014-

Infor­ma­tion

Konzept: Tanya Ury

Work­shops – Eine Werkserie:

Nimm ein Stück Papier; zeichne ein Gesicht; knicke das Papier am oberen Rand um, um das Gesicht abzudecken – nur der Hals kann jetzt gesehen werden; gib das Papier an den näch­sten, in der Reihe weiter, der einen Oberkörper bis zur Taille zeichnen wird; die Prozedur wird dann wieder­holt und der nächste Teil­nehmer zeichnet Beine, bis zum Knie, was von einem weit­eren gefolgt wird, der Waden zeichnet — und der letzte in der Reihe zeichnet die Füße.

Das ganze Modus Operandi kann natür­lich ander­er­seits mit Wörtern ausge­führt werden: Eine Geschichte wird ange­fangen – das Papier wird umgeknickt, um nur ein oder zwei Verbindungswörter, wie und“ oder dann“, zu zeigen, die es dem näch­sten Spieler ermöglichen, die Erzäh­lung weit­erzuschreiben, und so weiter, bis zum Ende.

Diese tradi­tionelle Bleis­tift-und-Papier-Kinder-Aktiv­ität wurde in einer Künstler-Version der Surre­al­isten zu cadavre exquis“ („köstliche Leiche“).

Die Technik wurde von den Surre­al­isten entworfen und ähnelt Conse­quences“ (Konse­quenzen), einem alten englis­chen Wohnz­im­mer­spiel, bei dem Spieler nach der Reihe auf ein Papierblatt schreiben, es umknicken, um Teile des Schreibens zu verdecken und reichen es dann an den näch­sten Spieler weiter, für einen weit­eren Beitrag, weit­er­re­ichen. André Breton, der wesentliche Begründer des Surre­al­ismus, berichtete, dass es als Spaß anfing, doch dann wurde verspielter und letz­tendlich bere­ich­ernd wurde. Breton erzählte, dass dieser Zeitvertreib seinen Ursprung ca. 1925 hatte, doch schrieb Pierre Reverdy, dass die Ursprünge von viel früher liegen, mindestens vor 1918. In einer Vari­ante, jetzt als picture conse­quences“ („Bilderkon­se­quenzen“) gekannt wurden, statt Sätze aufzuschreiben, Teile eines Menschen geze­ichnet.1

In Gruppen von fünf, produzieren Work­shop-Teil­nehmer einige poet­ische Narra­tive und — einer zweiten Phase — surreale Bilder, die später ausgestellt werden könnten. Um die Fasz­i­na­tion zu erhöhen, werden lange Papier-Banner (und Tinte) bere­it­gestellt und den Grup­pen­mit­gliedern wird Zeit gewährt, um unter sich einen Hand­lungsver­lauf zu besprechen, bevor sie das Papier an die nächste Gruppe weitergeben.

Verschiedene Anzüge werden oft am Arbeit­splatz getragen: Ein Anzug, eine Kranken­schwester-Uniform, Polizei­montur – in der Armee, eine Militäruni­form. Work­shop-Mitwirk­ender sollen gesam­melte Maga­z­in­auss­chnitte von verschiedener Uniformen und sozialer Symbolen mitbringen, um diese als zusät­zliche Spielele­mente bei der Durch­führung dieser Unnatür­liche Konse­quenzen einzubringen, in dem dargestellte Figuren in Militärkostüm oder anderen Uniformen illus­triert werden könnten.

Erfun­dene Geschichten könnten diverse Philoso­phien umfassen, darunter ein imag­inäres Leben in der Armee, oder andere regle­men­tierte Lebensstile, um unsere — vergan­genen und aktuellen — Visionen von Nation und Gesellschaft, widerzus­piegeln und zu paro­dieren. Im Kontext des EL-DE-Hauses und der Hair Shirt Army-Ausstel­lung, die eine Armee verbildlicht, welche ihr Volk nicht geschützt hat, die Armee, die schlecht gedient hat, oder eine Armee der Geister von Opfern, ist die Uniform eine Perversion.

Mit alltäglicher Klei­dung offen­baren wir uns: welcher Sozial­grup­pierung wir zuge­hören oder zuge­hören wollen, welcher Kultur und welcher Orien­tierung – sexuell oder poli­tisch. Offizielle Klei­dung stan­dar­d­isiert, doch mit der Taktik von Unnatür­liche Konse­quenzen die Uniform zu diskred­i­tieren, wird der Rahmen des normalen Konse­quen­zspiels gesprengt, das Spiel wird zum sozialen Statement.

1 en​.wikipedia​.org/​wiki/… Über­set­zung Tanya Ury & Amin Farzanefar

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