Artikel (deutsch)
Lektorat Amin Farzanefar
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Immer mehr Zuspruch erfährt die Meinung, dass es in Deutschland Zeit zum ‚Normalisieren’ sei, „dass man sich einfach als Deutscher in einem Beschuldigtenzustand fühlt und durch seine Repräsentanten daraus nicht erlöst wurde“ (Friedenspreisträger 1998, Martin Walser). Ein leichtfertiger bis gefährlicher Umgang mit den Leiden der Naziopfer und ihrer Nachkommen erfolgt in der deutschen Kultur bisweilen in aller Öffentlichkeit und in keinesfalls indirekter Weise.
Über diesen Verdrängungsmechanismus in Deutschland wurde schon in den 60er Jahren von den Mitscherlichs geschrieben. Die Ausbeutung von Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie wurde von führenden Politikern in der Flick-Spendenaffäre der 80er auch übersehen. Auch heute empfindet man es nicht als Widerspruch, wenn der Flick-Enkel sich weigert, Entschädigung der Zwangsarbeiter zu zahlen und seine Kunstsammlung, die durch die Ausbeutung von Zwangsarbeitern der Nazi-Rüstungsindustrie finanziert wurde, aus der Industrie Vermächtnis erworben, in Berliner Museen ausgestellt wird.
Obgleich jeden Tag, auf irgendwelchen deutschen TV-Sendern Berichte und Filme über die Nazi-Vergangenheit Deutschlands zu sehen sind, sollte man der Art der Vermittlung nicht unkritisch gegenüberstehen. Bei all seiner Orientierung an historischen Tatsachen und geschichtlichen Dokumentarfilmen, bezieht Autor und Produzent Bernd Eichinger in dem Unterhaltungs-Film ‚Der Untergang’, wo er über die Großen und Mächtigen berichtet, die Hitlers und Goebbels der Geschichte und wie sie zu Grunde gingen, eigentlich keine Stellung. Die Sorgen einfacher Deutscher, der Verlauf des Krieges und der Völkermord werden kaum vermittelt.
Tanya Ury, Köln, November 2004
Filmri : ss
Studien zum Untergang der Erinnerung
(Blackout – Studies on the Downfall of Memory) in German only
ISBN: 3−89771−435−3
ca. 148 sides
Price: ca. 14 Euro
Published in mid June 2005a
Mensch Hitler ein- und die Opfer ausgeblendet.
Die Bernd Eichinger-Produktion ‚Der Untergang‘ mit Bruno Ganz (Schweiz) als Hitler mit 4 Millionen Zuschauern nach nur vier Wochen übertrifft alle deutschen Kinoerfolge der vergangenen Jahre. Mit diesem Hitler-als-Mensch-Spektakel geht weniger ein neues Interesse an der eigenen Geschichtsaufarbeitung einher, als vielmehr eine selbstbewusstere Welle ihrer Entsorgung. Gleichwohl feiern Pädagogen den Film als Lehrfilm, freuen sich Politiker nicht nur über das neue Selbstbewusstsein und Künstler und Produzenten über die vermeintliche Authentizität ihres Kunstwerkes, sondern auch darüber, dass in Sachen deutscher Geschichte der deutsche Film Hollywood die Nase zeige. Was aber der Film tatsächlich zeigt – und was er nicht zeigt oder was darüber hinaus sich zeigen lässt und durchgehend beschwiegen wird -, darüber versammelt dieser Band von überwiegend Unrast-AutorInnen einen tief und breit gefächerten Ein- und Überblick.
Gefragt wird dabei über den Film hinaus nach: (Un-)Sinn, Perspektiven und Begriff von Identifikationen, Authentizität, Empathien, Geschichtsbewusstsein und Beschweigen der Vergangenheit.
„…Das Leiden anderer nicht zu missachten, wäre sinnvoll zu lernen. Tanya Ury sucht vergebens nach positiven Ansätzen dafür in dem als Lehrfilm präsentierten Eichinger-Film. Dagegen passt das Filmspektakel in die Kontinuität einer Verweigerungshaltung gegenüber den Opfern, wie sie sich im aktuellen Flick-Skandal gegenüber Zwangsarbeitern wiederum bestätigt…“
Willi Bischhof
Die AutorInnen
Bindseil, Ilse – Quadfasel, Lars – Nöske, Thomas – Ruoff, Alexander – Schmidt, Birgit – Weyand, Jan – Ury, Tanya – Steyerl, Hito
Alternativer Suchbegriff:
[Bischof, Willi : Filmriss. Studien zum Untergang der Erinnerung. Unrast-Verlag, 2005, ISBN 3 – 89771-435 – 3]
Aus der Rubrik: Politik – Antifaschismus
Präsentation
2009 (8.4. – 11.4) Artikel als Vortrag (auf Englisch): Das Leiden Anderer Missachten (auf Englisch), PCA-Konferenz, New Orleans (USA)