Eine mit Plexiglas verschweißte und montierte (MDF) Photographie: Höhe 64 cm x Breite 85 cm (Edition 7)
(Edition 7: Höhe 32 cm x Breite 42,5 cm)
Versicherungswert 2.000 Euro
Konzept Tanya Ury
Kamera David Janecek
Digitale Bearbeitung Claudia Stasch
Doppel-Porträts – Eine Werkserie:
- Hermes Insensed 2000 – 2001
- Franco and Elke J. 2002
- lesser is me more or less 2003
- Your Rules 2004
- or else 2007
- Du bist Einstein 2007
- doo bee doo 2007
- Artistic freedom 2013
or else zeigt auf der linken Seite des Bildes die Künstlerin Tanya Ury in einer Dreiviertel-Ansicht. Digital in die Photographie eingebaut, auf der rechten Seite, ihr gegenüber, befindet sich die deutsch-jüdische Schriftstellerin Else Sara Ury (1877−1943). Tanya ähnelt Else in Kleidung und Haltung wie Else und macht ihren Gesichtsausdruck nach. Else und Tanya teilen denselben Nachnamen. Tanya Ury’s Großmutter Hedwig Ury (geborene Ullmann), wie Else Ury, verstarb auch in Auschwitz, jedoch ein Jahr später in 1944.
or else ist die Fortsetzung lesser is me more or less 2003, Tanya Ury’s photographischem Doppelporträt von sich selbst und Lesser Ury, einem deutschen Maler des frühen 20. Jahrhunderts.
***
Else Ury war die Autorin sehr erfolgreicher deutscher Kinderbücher einschließlich „Nesthäkchen“, eine Serie von 10 Bücher, die das Leben der christlichen Protagonistin Annemarie Braun von der Kindheit bis zum hohen Alter als Großmutter, schildert. Diese Bücher sind jetzt noch in Deutschland erhältlich, allerdings in einer gekürzten und modernisierten Sprachform; sie waren an Mädchen gerichtet, und propagierten eine traditionelle Frauenrolle und bürgerliche Familienwerte.
Ihre Buch „Nesthäkchen und der Weltkrieg“ wurde als „kriegsverherrlichend“ indiziert. Über „Jugend voraus!“ über Else Urys letztes publiziertes Buch von 1933, äußert sich Marianne Brentzel:
„Else Ury war eine unpolitische, konservative Frau des deutschen Bürgertums, die mit großer menschlicher Anteilnahme das Massenelend der Arbeitslosigkeit sah und im Sog der Massenbegeisterung Hitler für eine mögliche Lösung aus der tiefen Staatskrise hielt. Sie hat 1933 die Augen vor der politischen Wirklichkeit verschlossen, wie sie es vor den Geschehnissen im öffentlichen Raum ihr ganzes Leben getan hat. Sie hat einmal mehr der heilen, deutschen Familie ein Denkmal setzen wollen.“
Marianne Brentzel: „Nesthäkchen kommt ins KZ“, S. 154
Obwohl die Hälfte aller deutschen Frauen ihre Bücher gelesen haben (über 7 Millionen Exemplaren wurden ins gesamt verkauft), wurde die Tatsache ihrer Ermordung erst 50 Jahre später publiziert; sogar die wiederholt ausgestrahlte TV-Weihnachtsserie von 1983 hatte diese Information unterschlagen.
Bibliographie
www.ebookmall.com/eboo…
de.wikipedia.org/wiki/…
www.mariannebrentzel.d…
Post Scriptum 2008
Als ich für diese Arbeit recherchierte, entdeckte ich auf der deutschen Wikipedia Website folgenden Eintrag:
“Else Ury (* 1. November 1877 in Berlin; † 13. Januar 1943 im Konzentrationslager Auschwitz)“
Ich nahm mit Wikipedia Kontakt auf, um ihnen mit zu teilen, wie unpassend das Kreuzsymbol als Ergänzung zu Else Urys Todestag war – das Kreuz im Fall eine ermordeten Jüdin anzuwenden war doppelt Fehl am Platze. Ich schlug den Ausdruck „Todesdatum“ hier als geeigneter vor.
Wikipedia antwortete mir, dass ein paar Jahre zuvor eine Online-Debatte darüber stattgefunden hatte, welches Symbol das Todesdatum bezeichnen sollte; man hatte sich auf die Kreuz-Hieroglyphe geeinigt, die nun auf allen Wikipedia-Seiten benutzt wird. Die Sache ist jetzt abgeschlossen.
In Kenntnis dieser Entscheidung war ich überrascht, im englischen Wikipedia folgende Erklärung zu entdecken:
„Da es (die typographische Kreuz-Symbol) auch das christliche Kreuz repräsentiert, vor allem in einigen überwiegend christlichen Regionen, wird das Zeichen in einem Text vor oder nach dem Namen oder dem Todesdatum eines verstorbenen verwendet, wie auf christlichen Grabsteinen. Aus diesem Grund sollte es nicht als Fußnote neben dem Namen einer lebenden Person angewendet werden. Die religiösen Konnotationen des Symbols können diese Verwendung für Leute aus nicht christlichen Kulturen unangemessen erscheinen lassen.“ en.wikipedia.org/wiki/…
Auf der deutschen Wikipedia-Seite, fehlt ein Hinweis auf die religiösen Sensibilitäten ergänzt bei Verwendung dieses Symbols.
(see: de.wikipedia.org/wiki/…)
***
Auch andere Kunstarbeiten Urys lassen sich als „visuelle Poesie“ verstehen. Moving Message 1992, beinhaltet ein LED-Display mit den Wörtern: you are why; Sonata in Sea 1999 – 2000 ist eine Photoserie kombiniert mit Poesie und wrestlewithyourangel 2001 ist ein Neonleuchtzeichen, das zusammen mit dem Neonzeichen neonazi 2001 angefertigt wurde; der Titel eines Photo-Doppel-Porträts lesser is me more or less 2003 spielt auf den Namen von Lesser Ury an, den deutschen Post-Impressionisten, sowie auf den Titel eines weiteres Doppel-Porträts or else 2007, der auf die deutsche Autorin Else Ury deutet. Der Titel eines dritten Porträt-Photos Beelzebularin 2005 (in der Serie Promised Land) entschlüsselt sich als Anagram des biblischen „Bezalel Ben Uri“. half dimensional – semi detached 2010 schließlich kombiniert das erste der half dimensional poems mit der Photographie semi detached.
concrete – Eine Werkserie (Beinhaltet Gedichtreihen)
- femininity – femininiation 2011
- Moving Message 1992
- Word-fore-play – Recipe for Love (Wort-Vor-Spiel – Liebesrezept) 1995
- Sonata in Sea 1999 – 2000
- wish 2000
- wrestlewithyourangel 2001
- neonazi 2001
- Poker Poems 2003
- elle la poésie 2003
- lesser is me more or less 2003
- Promised Land – Gelobtes Land – Eine Werkserie 2005
- Mid Summer (Mitsommer) 2005
- Un 2006
- or else 2007
- half dimensional poems (halbdimensionale Gedichte) 2009 – 2011
- half dimensional – semi detached 2010
- cement (Befestigte Gedichte) 2011
- on a mat appear (Lautquälerei) 2011 -
- Lost Poems (Verlorene Gedichte) 2011
- weißer neger (white nigger) 2011
- informed (informiert) 1.3.2011
- concrete party 2011
- oral call 2011
- cross word 2011 – 2012
- toned poems 2011 – 2012
- two toned 2012
- pommes 2012
- taste of space 2012 – 2013
- leeres archiv 2013
- archive burn out 2011 – 2014
- hero of your own saga 2013 – 2014
- magical reality (magische realität) 2014 – 2015
Präsentation
2007 (11.3. – 9.4.) Connected, Gruppenausstellung, Eröffnung 12 Uhr, Jüdische Kulturtage, Altes Museum im BIS-Zentrum Mönchengladbach (D)
2007 (15.7. – 26.8.) Kunstverein Rosenheim Jahresausstellung, Eröffnung 14. Juli, Städtische Galerie (D)
Presse
Die Kraft der Weiblichkeit – Eine enorme Bandbreite von Kunst hat Hubertus Wunschik in einer Gruppenausstellung internationaler Künstler im Alten Museum versammelt. Die Ausstellung „Connected“ verbindet Werke jüdischer und nicht-jüdischer Provenienz.
Von Dirk Richerdt – Samstag 10. März 2007 RHEINISCHE POST
„Einen Blickfang schon im Entrée des Bürgerhauses bilden die Fotomontagen von Tanya Ury. Die 55-jährige jüdische Künstlerin, in London geboren, die seit 1993 in Köln lebt, hat eine Serie dialogischer Selbstporträts geschaffen: Zu sehen ist Ury zusammen mit ihren Vorfahren, darunter der deutsche impressionistische Maler Lesser Ury und die deutsch-jüdische Schriftstellerin Else Sara Ury. Und dann taucht Albert Einstein auf. Mit dem Wissenschaftler ist Tanya Ury zwar nicht verwandt, aber das Bild mit dem Pfeife schmauchenden Forscher und der Künstlerin daneben, die in gleicher Art wie Einstein eine (Pfeife) hält, hat skurile Ausstrahlung. Direkt neben der ernst gemeinten Darstellung persönlicher Geschichte blitzt die Humoreske auf. Tanya Urys mit Plexiglas verschweißte Fotos nehmen der Ausstellung so eine gewisse Ernstlastigkeit…“
***
„…Mit Frage der Identität beschäftigen sich eindringlich und witzig zugleich Tanya Urys Fotoarbeiten „Du bist Einstein“ und „or else“. Bei denen sie nachgestellte Fotografien zu den Original-aufnahmen stellt…“
Ein überzeugendes Ja zur Kunst – Ein Rundgang in der Städtischen Galerie durch die Jahresausstellung des Kunstvereins Rosenheim, von Raimund Feichtner (mit Abbildung von „Du bist Einstein“, 23.4.2007 Kultur in der Region, Verlagshaus Rosenheim (D)