Serie von 21 Photos in Form einer siebenstufigen über 3,5 Meter langen Leiter:
7 Photos 27 x 40 cm, 14 Photos 40 x 50 cm, 7er-Auflage.
Die Photoserie Jack the Ladder ist auch als Kleinformat erhältlich:
14 Photos je 13 X 18 cm, 7 Photos je 9 X 13 cm, 7er-Auflage
Versicherungswert 3.000 Euro
Um ausführlicher über Hintergrund und Entstehungsgeschichte des Kunstwerks zu informieren hat die Künstlerin 12 Texte mit Abbildungen, als Plakate (2000−3) vorbereitet.
Jacob’s Ladder – Eine Werkserie:
- Roman Svastika
- Tantric Snakes and Ladders
- Jacob’s Ladder – a Cybersexual Parable
- Franco and Elke J.
- Fashion Victim
- Barbie and Klaus
- Jacob’s Ladder
- Swastikas and Stars
- wrestlewithyourangel
- neonazi
- Blind Spot
- Red Hot Pokers
- Transcending the Ladder
- Jack the Ladder
Jack the Ladder ist eine 21-teilige Photoserie, die in Form einer siebenstufigen über 3,5 Meter langen Leiter präsentiert wird. Das Portrait einer jungen chinesischen Frau, Echo Ho, ist zusammengesetzt aus Fragmenten. Abgebildet vor einem größerenteils roten, orientalischen Teppich lackiert die Frau, die von schwarzen Strumpfhosen abgesehen, nackt ist, ihre Fingernägel rot. In ihren Nylons sind Laufmaschen (ladders), die in Tropfen roten Lacks, die auch Bluttropfen sein könnten, enden. Auf einigen Photos sind Haufen von Stahlnägeln zu sehen, auf anderen ein Set fünf antiker englischer Fruchtmesser mit Perlmuttgriff.
Jack the Ladder erinnert an die Opfer gegenwärtiger und vergangener rassistischer und sexueller Intoleranz: die Nagelbombenanschläge in London 1999 und die Morde Jack the Rippers, hundert Jahre zuvor.
Präsentation
2000 Aesthetik 1,2,3, 68Elf Galerie Photoszene, Köln (D)
2003 Das Recht des Bildes, Jüdische Perspektiven in der Modernen Kunst, Museum Bochum (D)
Presse
Wider die Medien-Vergötzung, Peter V. Brinkemper, Telepolis 2004
„Zwischen den beiden Polen der medialen Gegenwart und der kunsthistorischen Archaik operiert die in Köln lebende deutsch-britische Künstlerin Tanya Ury. Sie verbindet biblische Situation, Kunstsprache der Moderne und aktuelle politisch-gesellschaftliche Brisanz von Anschlägen zwischen London und Jerusalem: In „Jack the Ladder“ (2000) werden 21 Fotografien in einer siebenstufigen „Himmelsleiter“ zusammenmontiert. Sie erinnert an Jakobs große alttestamentarische Vision:
Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder.
Doch die Botschaft der visuellen Fragmente ist alles andere als himmlisch: Die Leiter zerfällt zu einem Labyrinth des globalen Leidens: Das Modell und Alter Ego des Werkes, die junge chinesische Echo Ho, ist ein gefallener Engel, unbekleidet, ungeschützt, zwischen Intimität und Terror, Leben und Tod, ein Subjekt, das in und für die Kunst zur Figur eines virtuellen Opfers wird, das jederzeit in blutige Realität umschlagen kann.“
Artikel-URL: www.telepolis.de/deutsch/special/med/16440/1.html
Hans Günter Golinski: Zu den Motiven einer Ausstellung
Seite 25, Das Recht des Bildes, Jüdische Perspektiven in der Modernen Kunst
„Zwischen Parteinahme und Distanz zum öffentlichen Leben: Die paradoxe Situation der Künstler jüdischer Herkunft zwischen Normalität und Besonderheit vermittelt diesen ein geschärftes Bewusstsein von Distanz zur Mehrheitsgesellschaft und sensibilisiert sie für die Befindlichkeit von Minderheiten. Unmittelbar an die oben angeführte Tradition, mit ihrem künstlerischen Schaffen politische Wachsamkeit zu praktizieren, formulieren Künstler wie Leon Golub und Nancy Spero in ihren Werken unmissverständlich ein politisch-gesellschaftliches Credo, indem sie engagiert Ungerechtigkeit vor Augen führen und den Betrachter zur Stellungnahme und zum Handeln aufrufen. Dasselbe gilt für die Vertreter der jüngeren Generation wie Komar & Melamit, Maxim Kantor, Moshe Gershuni, Menashe Kadishman, Penny Yassour, Roee Rosen oder Tanya Ury.“
Dr. Christoph Kivelitz
Seite 276 – 277, Das Recht des Bildes, Jüdische Perspektiven in der Modernen Kunst
„Tanya Ury sucht geschichtlich, kulturelle und semantische Bezüge von Bildern und Texten bis in die kleinsten Verästelungen und Schichtungen, nachzuzeichnen, um somit eine komplexes Tableau in unterschiedlichen Medien zu gestalten.
‚Jack the Ladder’ (2000), eine 21-teilige Fotoserie von Tanya Ury, wird in Form einer siebenstufigen, 3,5 Meter langen Leiter präsentiert. Die Grundform der Leiter entsteht aus einer Montage von Bildfragmenten, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln das Porträt einer jungen chinesischen Frau, Echo Ho, vermitteln, auch hier Projektionsgestalt für die Künstlerin. Die Frau hebt sich von einem orientalischen Teppich in roten Grundtönen ab. Sie ist, abgesehen von schwarzen Strumpfhosen, vollkommen nackt und damit beschäftigt, ihre Fingernägel rot zu lackieren. Ihre Nylonstrümpfe sind von Laufmaschen durchzogen. In diesen findet sich ein über die äußere Grundform hinausweisender Bezug auf den Titel, wird für die „Laufmasche“ im Englischen doch das viel bildhaftere Wort „ladder“ benutzt.
Durch Auftrag des roten Nagellacks versucht sie, diese zu fixieren, um hierüber gleichzeitig den Eindruck tropfenden Bluts zu erwecken. Auf einigen Fotos sind Stahlnägel zu erkennen, auf anderen ein fünfteiliges Set antiker englischer Fruchtmesser mit Perlmuttgriff. Diese verstärken die Assoziation mit einer Verwundung bzw. mit Spuren von Gewalt. So entfaltet sich ein Spannungsbogen: Das Motiv des orientalischen Teppichs und der chinesischen Frau stehen für einen romantisch verklärten Exotismus als Projektionsfläche für Phantasien über Freiheit und eine schweifende Ungebundenheit. Die Verschachtelung der Bilder vermittelt demgegenüber Unsicherheit und Mehrdeutigkeit im Sinne des Surrealismus oder der ‚Carceri‘ des Piranesi, um hierüber Angstvorstellungen und Gewalterfahrungen anschaulich zu machen. Die schwarzen Strümpfe, der Nagellack und die Atmosphäre des Raumes bringen erotisierend Momente mit ein, damit aber auch den Themenkomplex der ausgebeuteten, missbrauchten Frau, deren Verletzungen über den Unhold Jack the Ripper auch als Stationen einer weiblichen Passion gedeutet werden können. Der Arbeit steht eine Gruppe von Bildzitaten und Textkommentaren zur Seite, um über diese an die Opfer gegenwärtiger und vergangener rassistischer und sexueller Intoleranz zu erinnern: die Nagelbombenanschläge in London 1999 und die Morde Jack the Rippers hundert Jahre zuvor. Das Bild der jungen Frau versetzt den Betrachter/die Betrachterin in ein Milieu käuflicher Liebe, das in diesen Bezügen einen konkreten Hintergrund gewinnt. So sind hier unterschiedliche Bedeutungsebenen ineinander verwoben. Das Motiv der Jakobsleiter verweist in den biblischen Zusammenhang: „Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes steigen daran rauf und nieder“(1) Die Leiter kann darüber hinaus aber auch traumatische Erinnerungen und Erzählungen vergegenwärtigen. „Das Motiv der Leiter“, so die Künstlerin, träumte sie als Kind wiederholt. „Über bedrohliche, tiefe Leitern schleudern die Reisenden in die Unterwelt herab. Es gab auch wackelige Treppen aus ungehobelten Brettern in babylonischer Größe.“ (2) Der Künstlerin, Nachfahrin des Berliner Malers Lesser Ury, geht es nach eigenen Aussagen darum, einer durch ihre persönliche Biographie vorgegebenen Identität zu entfliehen, konkret, im Sachverhalt, deutsch-jüdischer Vorfahren zu haben, die den Holocaust erfahren mussten. Sie kämpft darum, sich dieser Geschichte zu stellen, ohne ihr Gedächtnis auszuschalten. „Zeichen“, so Ury, „sind nicht nur Teil eines kollektiven Unbewussten, sie gehören auch zu einem Wertsystem und sind deshalb Symbole einer Hierarchie oder einer Leiter…“ (3) Schon die äußere Form gibt ein Ordnungsprinzip vor: die Bilder selbst erscheinen, im Wechsel von Details und Nahaufnahmen, in der Spannung emotionaler Wirkungen und kalter, metallischer Oberflächen, ungeordnet. Die aufwärts strebende Geometrie der „Himmelsleiter“ wird rhythmisiert, zerstört und zum verschlungenen Bilderpfad, der im Verweis auf Opfer, Verletzungen und Verdrängungen die Dimension eines Labyrinths gewinnt. Der Leiter, der Treppe, dem Weg nach oben steht die Laufmasche als Unebenheit, Zerstörung und chaotische Verfransung des Gewebes entgegen. Neben der Leiter ist dabei die Figur Jack the Rippers das zentrale Bindeglied. Im legendär gewordenen Frauenmörder verkörpert sich die selbstentfremdete Kultur der Moderne, die in der Perspektive nationalsozialistischer und anderer reaktionärer Kräfte als „entartet“ diffamiert und in die antisemitischen Hetzkampagnen eingebunden werden konnte. George Grosz sah in der pathologischen Figur den modernen Bilderstürmer und Wertezertrümmerer, in dem im Wissen um das Schicksal und die Flucht der Familie Ury auch bereits die Shoah als Menetekel gesehen werden kann. Im Sinne der vielfach geschichteten Erklärungen des Talmud sind die Sequenzen des Fotozyklus wie auch die Bilder der schon erwähnten Tafeln durch literarische Zitate und Erzählungen erläutert. So werden historische Artefakte, Dokumente und Spuren in ihrem kulturellen Sinnspektrum freigelegt, um gerade Mehrdeutigkeiten, Disharmonien und Unverhältnismäßigkeiten sichtbar werden zu lassen. Die Befragung der eigenen Identität und Geschichte verknüpft sich mit dem streitbaren Diskurs um eine doppelgesichtige Moderne, deren Potential in Politik, Kunst und Gesellschaft sowohl emanzipatorisch wie auch zerstörerisch wirken kann.“
(1) Zitiert nach Angela Melitopoulos, Einführung 11.10.2002 zu Tanya Urys Ausstellung ‚Jacob’s Ladder’. Unveröffentlichtes Manuskript; s. auch: Tanya Ury, Transcending the Ladder, in: Doris Frohnapfel (Hrsg.): From Work to Word, Bergen 2002, S. 98- 111. (2) Ebenda (3) Ebenda
Dr. Christoph Kivelitz
Seite 276 – 277 Das Recht des Bildes, Jüdische Perspektiven in der Modernen Kunst