Fast — Food for Thought

Eine Aktion, 18.7. – 3.9.2010.

Mitte Juni 2010, als ich 77 Kilo wog, entschied ich mich, eine Diät zu machen. Bei meiner Körper­größe von 1,67 Meter schlugen sämtliche Inter­net­seiten vor, dass das ideale Körpergewicht etwa zwis­chen 55 und 72 Kilo sein soll.

Ich bin Veganerin und habe deswegen kein Verständnis für die populären Fleis­chdiäten mit niedrigen Kohlen­hy­drat- und hohen-Protein-Werten, bei denen Verzicht Schwäche bedeutet, die Tieren Kummer verursacht.

Am 18. Juli fing ich an zu fasten, aber weil ich es nicht als asketische Übung machen wollte, entschied ich mehr oder weniger jeden zweiten Tag zu fasten, und an anderen Tagen normal zu essen. 

An den Fast­tagen trinke ich:
Miner­al­wasser in Flaschen
Obstsaft
Assam- oder Earl-Grey-Tee mit Milch­er­satz aus Soja, Hafer oder Reis,
Pfefferminztee
Früchtetee
Ingwertee
Miso in heißem Wasser
Hefe-Extrakt in heißem Wasser
Caro“-Getreidekaffee
Wein

Tabelle des Fastens (Körpergewicht wird morgens gemessen)

18. July Fasten Gewicht: 74.4 kilos
19. Juli Gewicht: 73.7 kilos
20. Juli Fasten Gewicht: 74.1 kilos
21. Juli Gewicht: 73.4 kilos
22. Juli Fasten Gewicht: 73.8 kilos
23. Juli Gewicht: 73.0 kilos
24. Juli Gewicht: 73.4 kilos
25. Juli Gewicht: 73.2 kilos
26. Juli Ferien Gewicht: 73.3 kilos
27. Juli Ferien Gewicht:
28. Juli Ferien Gewicht:
29. Juli Ferien Gewicht:
30. Juli Ferien Gewicht:
31. Juli Fasten Gewicht: 73.5 kilos
1. August Gewicht: 72.6 kilos
2. August Fasten Gewicht: 73.2 kilos
3. August Gewicht: 72.3 kilos
4. August Gewicht: 72.7 kilos
5. August Fasten Gewicht: 73.3 kilos
6. August Gewicht: 72.0 kilos
7. August Fasten Gewicht: 72.2 kilos
8. August Gewicht: 71.8 kilos
9. August Fasten Gewicht: 72.0 kilos
10. August Gewicht: 71.6 kilos
11. August Fasten Gewicht: 71.1 kilos
12. August Gewicht: 71.0 kilos
13. August Fasten Gewicht: 71.2 kilos
14. August Gewicht: 70.7 kilos
15. August Fasten Gewicht: 71.5 kilos
16. August Gewicht: 71.0 kilos
17. August Fasten Gewicht: 70.3 kilos
18. August Gewicht: 69.8 kilos
19. August Fasten Gewicht: 70.2 kilos
20. August Gewicht: 70.2 kilos
21. August Fasten Gewicht: 70.4 kilos
22. August Gewicht: 70.1 kilos
23. August Fasten Gewicht: 70.4 kilos
24. August Gewicht: 69.6 kilos
25. August Fasten Gewicht: 69.8 kilos
26. August Gewicht: 69.5 kilos
27. August Fasten Gewicht: 70.1 kilos
28. August Gewicht: 69.1 kilos
29. August Fasten Gewicht: 69.7 kilos
30. August Gewicht: 69.1 kilos
31. August Fasten Gewicht: 69.8 kilos
1. September Gewicht: 68.9 kilos
2. September Ferien Gewicht: 69.3 kilos
3. September Ferien

Ob Fleisch konsum­iert wird oder nicht, eine Diät bleibt ein Luxus der Priv­i­legierten. Menschen fasten aus diversen Gründe: Mangel an Lebens­mittel, gesund­heitliche oder religiöse Gründe, um Gewicht zu verlieren oder als poli­tische Demon­stra­tion. Diese Form der Selb­st­diszi­plin, Enthal­tung und Selb­stver­leug­nung kann als Aktivismus angewendet werden.

Während meiner Fasten­zeit erfuhr ich von Firas Maraghys Protes­tak­tion außer­halb der Israelis­chen-Botschaft in Berlin. Wo mein Fasten ein Mittel gegen Über­füt­terung ist, ein Symptom des Spätkap­i­tal­ismus, ist für den Palästi­nenser Firas Maraghy ein Hunger­streik der einzige Weg um Aufmerk­samkeit für seine ungerecht­fer­tigte Situ­a­tion zu bekommen. 

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.
Mitglied­sor­gan­i­sa­tion der Euro­pean Jews for a Just Peace (EJJP)
Haus der Demokratie und Menschen­rechte, Greif­swalder Str. 4,
10405 Berlin. Fax: 030 396 2147 www.juedische-stimme.d… mail@juedische-stimme.…

Seit mehr als zwei Wochen befindet sich Firas Maraghy im Hunger­streik vor der israelis­chen Botschaft in Berlin. Herr Maraghy ist Palästi­nenser aus Ost-Jerusalem. Ost-Jerusalem ist seit Juni 1967 von Israel besetzt und mittler­weile annek­tiert; Palästi­nenser aus Ost-Jerusalem haben Bewe­gungs­frei­heit in Israel, erhalten aber von Israel keine Staats­bürg­er­schaft. Nun verweigert die Botschaft der im Dezember 2009 geborenen Tochter von Herrn Maraghy, Zaynab, die Ausstel­lung eines Laissez Passer, des Reise­doku­ments für Ost-Jerusalemer Palästi­nenser. Das Laissez Passer und damit ihre Registrierung würde seiner Tochter das Recht auf ein Leben in Jerusalem verschaffen. Das Personal der Konsularabteilung legte Firas Maraghy nahe, seiner Tochter einen deutschen Pass ausstellen zu lassen, da ihre Mutter – also Herrn Maraghys Frau – deutsche Staats­bürg­erin ist. Mit einem deutschen Pass könnten jedoch israelische Grenzbeamte der kleinen Zaynab jederzeit die Einreise verwehren.

Zudem wurde Herrn Maraghy im Mai 2009 von den israelis­chen Behörden bedeutet, er werde sein Aufen­thalt­srecht in Jerusalem verlieren, sollte er nicht spätestens im Mai 2011 für mindestens einein­halb bis zwei Jahre nach Jerusalem zurück­kehren. Außerdem weigerte sich die dortige Behörde, Herrn Maraghys Ehe zu registri­eren. Wird die Ehe nicht einge­tragen, bekommt Herrn Maraghys Frau wahrschein­lich keine Aufen­thalts­genehmi­gung in Jerusalem. Unter diesen Umständen muss Herr Maraghy eine unzu­mut­bare Entschei­dung treffen. Er muss zwis­chen seiner Herkun­fts­fam­ilie und seiner Heimat in Ostjerusalem einer­seits und seiner Familie in Berlin ander­er­seits wählen. Um sein Recht auf ein Leben in Jerusalem nicht zu verlieren, wo seine Herkun­fts­fam­ilie seit mehr als 150 Jahren lebt, müsste sich Herr Maraghy von Ehefrau und Kind trennen.

Der Fall von Firas Maraghy ist exem­plar­isch für die alltägliche israelische Politik an Tausenden von Palästi­nensern. Seit Jahrzehnten führen die israelis­chen Behörden eine Verdrän­gungspolitik in den beset­zten Gebi­eten und Ost-Jerusalem durch. Dies geschieht in einer Vielzahl von Fällen auf bürokratische Art und Weise, etwa indem Palästi­nenser, die ihre Häuser für einige Zeit verlassen hatten, ihre Aufen­thalts­berech­ti­gung mühsam unter Vorlage zahlre­icher Doku­mente nach­weisen müssen wie zum Beispiel mit Quit­tungen über bezahlte Steuern aus den letzten zwanzig Jahren. Ihnen wird das Recht, nach Jerusalem zurück­zukehren abge­sprochen, ihre israelische Kranken­ver­sicherung wird für unwirksam erklärt etc. Im Stadt­teil Silwan, wo Firas Maraghy geboren wurde, gaben die israelis­chen Behörden dem EL-AD Verein, einer recht­sex­tremen Organ­i­sa­tion, die Genehmi­gung, archäol­o­gische Grabungen unter den Häusern der Palästi­nenser zu unternehmen. Man versucht sich ihrer zu entledigen, indem man aus Silwan einen archäol­o­gis­chen Park macht. Die Beamten im Innen­min­is­terium von Jerusalem, die Herrn Maraghy erklärten, er besitze keine Rechte in seiner Heimat, leben selbst möglicher­weise erst seit 15 Jahren in Israel. Sie beanspruchen diese Rechte, weil sie Juden sind und Herr Maraghy nicht. Wir als Juden in Deutsch­land, Nachkommen von Menschen, denen als Juden vom deutschen Staat die Staats­bürg­er­schaft entzogen wurde, schämen uns dafür, dass ein Staat, der sich als Jüdis­cher Staat“ beze­ichnet, so mit unseren Mitmen­schen umgeht.

Wir rufen daher die israelische Botschaft auf, ihre diskri­m­inierende Politik aufzugeben, ihren Ermessensspiel­raum auszunutzen und der kleinen Zaynab Maraghy ein Laissez Passer auszustellen.

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, gez. Prof. Dr. Rolf Verleger

Vorstand: Prof. Dr. Rolf Verleger (Vors.), Iris Hefets-Borchardt, Michal Kaiser-Livne, Bärbel Wolter­städt, Dr. Kate Katzen­stein-Leit­erer. Bankverbindung: Kto. 1053200 bei Bank für Sozial­wirtschaft, BLZ 10020500. Als gemein­nützig anerkannt durch Finan­zamt Berlin, 2008. Am Donner­stag, den 12.08., findet um 15.30 Uhr eine Protestkundge­bung zur Unter­stützung von Herrn Maraghy vor der israelis­chen Botschaft statt (Auguste-Viktoria-Str. 74 – 76, Ecke Flins­berger Platz).

Tanya Ury ist Mitglied der Jüdis­chen Stimme für gerechten Frieden in Nahost.

Firas Maraghy, 3. September 2010

Presseerk­lärung

Wie bereits in meiner Presseerk­lärung vom 31. August 2010 dargelegt, hatte mein am 26.07.2010 begonnener Hunger­streik immer zum Ziel, meine im Dezember 2009 geborene Tochter Zaynab als Einwohnerin Ostjerusalems, sowie meine Ehe mit der deutschen Staats­bürg­erin Wiebke Diehl zu registri­eren. Ich forderte von Anfang an ein sicheres Bleiberecht für meine Familie und mich in meiner Geburtsstadt und der Geburtsstadt meiner Väter und Vorväter. Diese Forderung steht in Einklang mit inter­na­tionalem Recht, insbeson­dere mit Artikel 13 der Allge­meinen Erklärung der Menschenrechte.

Seit ich in meiner letzten Presseerk­lärung ange­boten habe, in Begleitung eines hochrangigen deutschen Poli­tikers oder einer Person des öffentlichen Lebens nach Jerusalem zu fahren, um ein Gespräch mit Herrn Amos Arbel, dem Direktor des Regis­tra­tion and Civil Status Depart­ment“ des Innen­min­is­teriums Israels, zu führen, ist Bewe­gung in meine Angele­gen­heit gekommen. Mir wurde von der israelis­chen Botschaft zugesichert, dass bei diesem Gespräch tatsäch­lich eine Lösung gefunden werden soll. Zudem wurde mir ein konkreter Termin mit Herrn Arbel vermit­telt. Da dieser Termin bereits Mitte September liegt und ich diesen aus gesund­heitlichen Gründen nicht wahrnehmen kann, wurde mir versprochen, den Termin um wenige Wochen zu verschieben.

Ich erkläre mich bereit, einen solchen Termin wahrzunehmen und dafür nach Jerusalem zu fahren. Herr Polenz, Vorsitzender des Auswär­tigen Auss­chusses des Deutschen Bundestags, dem ich für seine Vermit­tlung zwis­chen unserer Familie und der israelis­chen Botschaft sehr herzlich danke, hat sich bereit erklärt, mich bei dieser Reise zu begleiten.

Die israelische Seite verlangt, dass auch meine Tochter Zaynab für eine Registrierung zugegen sein muss. Mir wurde eine schriftliche Garantie versprochen, dass ein deutscher Pass der Registrierung meiner Tochter als Einwohnerin Ostjerusalems nicht entge­gen­stehen wird. Nur wenn eine solche Garantie gegeben wird, bin ich bereit, meine Tochter auf die Reise mitzunehmen.

Ich hoffe, dass der von israelis­cher Seite bekun­dete Wille, die Angele­gen­heit einvernehm­lich zu lösen, tatsäch­lich zur unmit­tel­baren Registrierung meiner Tochter und meiner Ehe führt. Es ging mir nie darum, die gesamten poli­tis­chen Verhält­nisse zu ändern. Obwohl ich grund­sät­zlich weit­erhin die israelische Botschaft als verant­wortlich auch für die Palästi­nenser Ostjerusalems betra­chte, bin ich darum bereit, meinen Beitrag zu einem Kompro­miss zu leisten. Ich werde darum morgen, am 4. September 2010 um 17 Uhr, nach 41 Tagen Hunger­streik, diese Phase meines Protests beenden. Dies geschieht im Vertrauen darauf, dass die mir auch durch die Vermit­tlung hochrangiger Poli­tiker gemachten Zusagen erfüllt werden.


Präsen­ta­tion

2010 (18.7. – 3.9.) Fast Food for Thought, Faste­nak­tion, anlässlich des Hunger­streiks des Palästi­nensers Firas Maraghys vor der israelis­chen Botschaft, Berlin (D)

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