2 große Banner, jeweils Bild und Text (Russisch und Deutsch), schwarz-weiß gegen einen grauen Hintergrund, Breite 100 cm x Länge 100 cm, auf Powertex-Blockout-Stoff gedruckt (Breite 140 cm x Länge 140 cm) auf einer Leine aufgehängt.
Druckversion 210 Länge x 260 mm Breite
Website: www.tanyaury.com
all in a name ist der englische Titel zu dieser Photo- und Text-Arbeit über die jüdische sowjetische Partisanin Mascha Bruskina, die als 2 Banner mit Text (Russisch und Deutsch) präsentiert wird. Der deutsche Titel der gleichen narrativen Arbeit ist der Sinnspruch „Nomen est Omen”, das lateinische Sprichwort und die Entsprechung von „all in a name”. Diese Arbeit ist auch Ella Unger und Grete Schiemann gewidmet – zwei Großtanten, die aus Köln in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet wurden:
Margarete Schiemann geb. Unger Jahrgang 1903
Deportiert 1941 Riga Ermordet
Stolperstein für Margarete Schiemann (Zülpicher Platz 4, Köln)
Ella Unger | |
Geboren: | November 20, 1899 |
Geburtsort: | Hohensalza | Inowroclaw, Inowrocław County, Kuyavian-Pomeranian Voivodeship, Poland |
Tod: | Dezember 04, 1944 (45) KZ Stutthof | Sztutowo, Pommern Voivodeship, Polen (ermordet) |
www.geni.com/people/El…
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„Wir sind Partisanen und haben auf deutsche Soldaten geschossen.“
Auf der Photographie – zur linken und rechten umgeben von Kiril Truss und dem 16-jährigen Wolodia Scherbateyvich – hält die 17-jährige Maria („Mascha“) Bruskina ein Plakat (handgeschrieben auf Deutsch und Russisch) mit der zitierten Aufschrift. Das Photo wurde 1941 in Minsk aufgenommen, kurz bevor alle drei öffentlich gehängt wurden. Tatsächlich war Mascha aber eine Krankenschwester, die verwundete Rote-Armee-Soldaten dabei unterstützte, dem Widerstand beizutreten, indem sie diese mit Zivilkleidung und Papieren versorgte.1
2002 hielt ich auf der Bonner Tagung „Jüdischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus”, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltet wurde, einen Diavortrag meiner Erzählung Die Gehängten (1999). Auf dieser Konferenz gab der Historiker Arno Lustiger2 im Zusammenhang mit seinem Buch “Zum Kampf auf Leben und Tod! Vom Widerstand der Juden 1933 – 1945“, das zuerst 19943 veröffentlicht wurde, eine Präsentation, bei der er über Mascha Bruskina sprach.
Die photographischen Darstellungen von Mascha Bruskina unmittelbar vor und nach ihrer Erhängung waren mir schon bekannt4 – sie dienten den Medien nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder dazu, den Partisanen-Widerstand zu repräsentieren. Doch war mir die Geschichte dieser ikonischen Bilder unbekannt, die ich kurz zuvor in der Ausstellung “Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944” gesehen hatte, als diese 1999 nach Köln kam.
Arno Lustiger erklärte, dass die Abbildungen von Bruskinas Hinrichtung am 26. Oktober 1941 in der Sowjetunion bekannt waren – eine von ihnen erschien in Mikhail Romms Film „Der gewöhnliche Faschismus“, 1965. Es gab jedoch keinerlei Hinweis darauf, wer sie war oder dass sie eine Jüdin war. Nach dem Krieg wurde dieser Fehler nicht direkt korrigiert – bis vor kurzem war das Photo im Kriegmuseum in Minsk einfach „Hinrichtung einer unbekannten Partisanin“ betitelt. Maschas Onkel, der renommierte Bildhauer und sowjetische Abgeordnete Sahir Asgur, wurde jahrzehntelang gezwungen, über die Identität seiner Nichte zu schweigen.5 Also blieb Mascha Bruskina, die eine sehr junge jüdische Partisanin gewesen ist, wegen des sowjetischen Antisemitismus bis in die Zeit nach dem Kalten Krieg anonym.
Ich habe daraufhin das Ausstellungsbuch: “Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944” (Hamburger Edition 1995) konsultiert, nur um zu entdecken, dass auch hier lediglich Abbildungen6 der Erhängungen gezeigt wurden – ebenfalls ohne Angaben von Namen oder persönlichen Details.
Als ich Arno Lustiger 2003 in einem Brief auf dieses Versäumnis, Mascha Bruskina zu identifizieren, ansprach, antwortete dieser, er habe tatsächlich Kontakt mit Hannes Heer und Klaus Naumann, den Herausgebern des Wehrmacht-Ausstellungsbuch, aufgenommen, sei dabei jedoch auf eine regelrechte Mauer gestoßen. Bedauerlicherweise existiert dieselbe Nachlässigkeit auch auf der CD-ROM-Edition des gleichen Buches7 von 2004 fort.
2008 trat ich während der Popular-Culture-Association-Konferenz in San Francisco zusammen mit Catherine Plum vom Western New England College (USA) auf einem Panel auf. Sie erzählte in ihrem Vortrag von der 18-jährigen Zoya Kosmodemyanskaya, die wegen ihrer Aktivitäten als Partisanin hingerichtet wurde. Das Bild, das Plum uns zeigte, hatte Ähnlichkeiten mit Bruskinas tragischem Portrait. Kosmodemyanskaya wurde jedoch bald als Heldin ihrer Nation anerkannt: ein Kinderlager – Teil der Freiwilligen-Ausbildung in der Sowjetunion, das die Geschichte des Antifaschismus ebenso sowie Führungseigenschaften vermitteln sollte – wurde nach ihr benannt.
In Deutschland gilt: „Seit den 70er Jahren wurde Sophie Scholl aus Ulm als eine der großen deutschen Heldinnen gefeiert, die sich aktiv dem Dritten Reich während des Zweiten Weltkrieges entgegengestellt haben.“8 Über ihr Leben und Sterben sind mehrere Filme gedreht worden. Am 22. Februar 1943 wurde Scholl mit einundzwanzig Jahren, wegen der Verteilung von pazifistischen Flugblättern, zusammen mit weiteren Mitgliedern der „Weißen Rose“ – einer gewaltfreien antifaschistischen Widerstandsgruppe – guillotiniert.
Bis 2009 wurde Bruskinas Name nicht auf dem Denkmal-Schild am Hinrichtungsort genannt. Stattdessen wurde sie als „das unbekannte Mädchen“ bezeichnet. 2009 wurde jedoch ein neues Denkmal-Schild am Hinrichtungsort angebracht. Die russische Inschrift lautet jetzt: „Hier, exekutierten Faschisten am 26. Oktober 1941 die sowjetischen Patrioten K. I. Truss, V. I. Scherbateyvich und M.B. Bruskina“.9
Anders als Kosmodemyanskaya und Scholl wurde Bruskina bis lange nach dem Fall der Sowjetischen Union nicht mal eine Identität zugestanden, auch nicht in der bedeutendsten deutsch-historischen Archivarbeit über den zweiten Weltkrieg10. Maschas Bild war mächtig – und wurde daher von der Sowjetunion erfolgreich als Propaganda instrumentalisiert. Sie und ihre Familie waren jedoch machtlos gegen die Halbwahrheiten des revisionistischen Bildes von ihr, das der Welt präsentiert wurde. Sogar jetzt bleibt die Anerkennung dieser jungen jüdischen sowjetischen Partisanin bescheiden.
1 „Die Szene ihres Todes wurde in einer Serie beeindruckender Photographien eingefangen, aufgenommen von einem der litauischen Wehrmacht-Kollaborateure.“ (Übersetzung Tanya Ury & Amin Farzanefar) www.executedtoday.com/…
2 Arno Lustiger, Mai 7., 1924 – Mai 15. 2012
3 “Zum Kampf auf Leben und Tod! Vom Widerstand der Juden 1933 – 1945“, von Kiepenheuer & Witsch, Köln 1994.
4 Ebenda 1
5 Aus dem Kapitel “Säuberung des Anteils jüdischer Partisanen am Widerstand durch die sowjetische Geschichtsschreibung”, Seite 370, Ebenda 1.
6 Unbenanntes Portrait von Mascha Bruskina auf Seite 494 von “Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944”, Hamburger Edition 1995.
7 In der DVD-Beilage lautet der Titel zu Mascha Bruskinas Portrait: “Die erste Erhängung in Minsk am 26.10.1941 – Bundesarchiv, Bild 146/72/26/43“.
8 en.wikipedia.org/wiki/… (Übersetzung TU & AF)
9 en.wikipedia.org/wiki/… (Übersetzung TU & AF)
10 “Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944”, Hamburger Edition 1995
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Information
Konzept und Text Tanya Ury
Digitale Bearbeitung Ingolf Pink
Deutsche Übersetzung Tanya Ury und Amin Farzanefar
Russische Übersetzung Marina Walther
Präsentation
Gruppenausstellungen
2015 (19.4. – 1.11.) Tanya Ury präsentiert Имя говорит само за себя, nomen est omen 1 & 2, 2014: in Frauen in Krieg und Frieden, Frauenmuseum Bonn (D)
Festivals usw.
2017 (3.7.) Persönliches Statement von Tanya Ury über ihre Kunstarbeiten Who’s Boss, nomen est omen sowie zu Katy Deepwells Publikation n.paradoxa auf deren 20. Jubiläum, auf einer Sonderkonferenz über Örtliche und Globale Dynamiken in der Zeitgenössische Kunst, an der University of Middlesex, London (GB)
Publikationen & Presse
Künstler Schriften & Publikationen
2015 (1) Veröffentlichung von Имя говорит само за себя – nomen est omen – all in a name, in der Ausgabe „War“ Band 35, n.paradoxa, International Feminist Art Journal, London (GB)
2015 (19.4. – 1.11.) Tanya Urys Arbeit Имя говорит само за себя, nomen est omen wird im Ausstellungskatalog „Frauen in Krieg und Frieden“ 15−45−15, Geschichte, Dokumente, zeitgenössische Kunst“, Frauenmuseum Bonn veröffentlicht (D)
2017 (3.7.) Persönliches Statement von Tanya Ury über ihre Kunstarbeiten Who’s Boss, nomen est omen sowie zu Katy Deepwells Publikation n.paradoxa (GB) auf deren 20. Jubiläum, online www.ktpress.co.uk/conf… (GB) auf deren 20. Jubiläum, online